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„Zum Teufel mit dem Tanzverbot“

Karfreitagsdemo: Zum Teufel mit dem Tanzverbot

Nach gutem kölschem Brauchtum laden die Kölner Piraten am Karfreitag (dieses Jahr am 25.3.2016) wieder zum Flashmob auf die Kölner Domplatte: „Zum Teufel mit dem Tanzverbot“ heißt es ab 13.30 Uhr, wenn sich die Tänzer still zur Musik aus Kopfhörern bewegen werden.
Die Piraten machen damit auf die „Stillen Feiertage“ aufmerksam. In NRW gelten an diesen Tagen zahlreiche Einschränkungen und Verbote. Denn das Gesetz stammt aus einer Zeit, als das tägliche Leben der Menschen von Traditionen einer einzigen Glaubensrichtung geprägt war.

In einem säkularen Staat mit vielen akzeptierten Religionen sollte der Gesetzgeber jedoch keine religiös begründeten Verbote einseitig durchsetzen. Die Rücksichtnahme auf religiöse Gefühle, Riten und Traditionen jeder Glaubensrichtung sollte vielmehr selbstverständlich sein. Die Piraten weisen darauf hin, dass die im Grundgesetz verankerte Trennung von Kirche und Staat an dieser Stelle ignoriert wird.

Es geht hier um die Abwägung von Grundwerten: Das Recht, den eigenen Glauben in Stille und Meditation zu praktizieren, ist wichtig. An bis zu 17 Tagen des Jahres ist dadurch aber das Recht aller auf Teilhabe an Kultur, Geselligkeit und Kunst eingeschränkt. Wenn aber die Ausübung des Glaubens mit kulturellen Werten kollidiert, läuft etwas verkehrt. Denn beides ist wünschenswert und auch vereinbar!

„in 2014 hatte 38 % der Kölner Bevölkerung einen Migrationshintergrund,“ sagt Babak Tubis, Vorsitzender der Kölner Piraten. „Es ist Teil unserer Kultur, sich mit Jesu Kreuzigung und Auferstehung auseinander zu setzen. Meditation und Einkehr gehörten aber noch nie in den öffentlichen Raum, sondern sind nach wie vor in Klöstern, Kirchen oder den eigenen 4 Wänden am besten umzusetzen. Einige wenige Glaubensaktivisten zwingen aber derzeit 100% der Bevölkerung quasi „auf die Stille Treppe“. Das entspricht nicht mehr den Wünschen und Wertvorstellungen unserer überwiegend sehr hart arbeitenden Gesellschaft. Der alte Zopf des Tanzverbots gehört darum abgeschnitten!“

9 Kommentare zu “„Zum Teufel mit dem Tanzverbot“

  1. Ich hatte überlegt, ob es sich wirklich lohnt, dazu dieses Jahr wieder etwas zu schreiben, ist es doch offensichtlich vollkommen sinnlos hier zu diskutieren.

    Trotzdem noch einmal (wie voriges Jahr auch):
    – Die stillen Feiertage sind keine Erfindung der Kirche (Gesetze werden nicht von der Kirche gemacht), sondern eine Erfindung der Politik um die religiösen Gefühle der Bevölkerung zu beschützen. Würde man das Gesetz lesen, gegen das man ist, wüsste man das.
    – Die Kritik (an dem Gesetz) mag ja grundsätzlich gerechtfertigt, die Lokation und das Vorgehen jedoch nicht. Wobei ich natürlich verstehen kann, dass die Piraten nicht vor dem Rathaus, und damit nicht vor der eigenen Tür protestieren wollen.
    – Das Gesetz ist ein Landesgesetz und da die Piraten im Landtag vertreten sind, verstehe ich nicht, worüber man sich beklagt. Tätig werden statt jammern wäre vielleicht ein Ansatz. Ich nicht erkennen kann, wo die Piratenpartei formell irgendwelche Anstalten unternommen hat, dieses Gesetz zu ändern.

    Für mich ist das hier einfach nur ein rumprollen gegen die Kirche und haschen nach Aufmerksamkeit der Touristen.
    Oh, und zu behaupten, man würde das ja am äußersten Rand der Domplatte durchführen (war voriges Jahr ein Beschwichtigungsversuch) ist ja offensichtlich gelogen. Siehe Foto.

  2. An 364 Tagen im Jahr ( in einigen Bundesländern 363 Tagen) darf der deutsche Bürger das machen, wozu er Lust hat. Unter anderem auch feiern. Und genau an diesem einem Tag, dem höchsten der Christenheit, muss man natürlich die Lanze auspacken und die Gläubigen dort treffen, wo es Ihnen weh tut.

    „An bis zu 17 Tagen des Jahres ist dadurch aber das Recht aller auf Teilhabe an Kultur, Geselligkeit und Kunst eingeschränkt.“ Was der Autor nun aber vergisst zu erwähnen ist, dass es sich je nach Bundesland zwischen 3 (Berlin, Bremen und Schleswig-Holstein) bis zu 15 (Hessen) ist. Auch gilt es hierbei erwähnen, dass in diesen 15 Tagen in Hessen 9 Tage betroffen sind, in denen das „Tanzverbot“ nur von 04-12Uhr gilt. Auch muss man hier natürlich den staatlichen Volkstrauertag abziehen, der in allen Bundesländern fast ganztägig ein feiern verbietet.

    Wenn man es auf die Stunden herab rechnet, in denen Tanzen in Deutschland verboten ist, kommt man auf 187std. (Hessen, wo man aber aufgrund 9 Tagen a‘ 04-12Uhr 72 std. abziehen könnte, 115std. übrig bleiben – Wenn wir den Volkstrauertag 04-24Uhr noch abzieht, kommen wir zu 95std.)
    In Bremen sind es 37std. (zieht man hier 06-17 des Volkstrauertages ab, kommen wir auf 26 Stunden)

    Wir sind hier in NRW, hier gelten von Gründonnerstag 18Uhr bis Karsamstag 06Uhr, also insgesamt 36Std die Regelungen des stillen Feiertages. Im Jahr kommen wir auf insgesamt 7 Tage mit 87 Stunden. Dem Volkstrauertag werden wieder 20std. zugerechnet.

    Bis auf wenige Ausnahmen gelten die Regelungen des stillen Feiertages deutschlandweit immer erst ab den frühen Morgenstunden des Feiertages. Beginn ab 03Uhr, 04Uhr, 05Uhr oder 06Uhr. Dies sollten Zeiten sein, zu welchem Normalbürger, welche schon am Vorabend feiern konnten, knapp 6-8std Party hatten.
    Meine Quelle ist im übrigen: https://de.wikipedia.org/wiki/Tanzverbot

    Kommen wir nun zur schwarzen Liste aller Filme, welche nicht gezeigt werden dürfen. Von rund 700 Filmen, welche nicht gesehen werden dürfen (Piraten hatten dieses veröffentlicht) sind ~315 Filme ab 18 und ~200 ab 16. Diese dürften tagsüber aus Jugendschutzgründen sowieso nicht im Fernsehen gezeigt werden. Laut FSK gab es im Jahr 2015 4 Filme, welche den Zusatz „keine Feiertagsfreigabe“ erhalten haben. Dieses ist rund 1% der geprüften Filme. Seit ~2000 sind es pro Jahr knapp 1% der Filme, die diesen Status erhalten. Die Masse lag zwischen 1950-1979 wo es zwischen 50-60% pro Jahr waren. DIese sind noch nicht einmal in die „700 Filme“ eingerechnet. Hier wird die Zahl der Filme seit 1980, also 35 Jahre, gerechnet. Die meisten Filme gehören zum Genre „Erotik“ und „Action“.
    Liste: https://www.piratenpartei.de/wp-content/uploads/2016/01/FSK-Keine-Feiertagsfreigabe-1980-2015-B.pdf

    Auch hier kann man erkennen, dass man mittlerweile sensibeler mit den Entscheidungen umgeht, einen Film in diese Kategorie zu setzen. Und in Zeiten von DVD, Blue-Ray und Internetstreaming kann man auch hier nicht mehr von einem Problem sprechen , einen Film nicht sehen zu können. Die Möglichkeit besteht durchaus. Und auch, dass die Filme frei gegeben werden bedeutet ja nicht, dass die Fernsehsender diese auch ausgerechnet an diesem Tag zeigen werden. Analog zum Tanzverbot gelten auch hier die Tage aus dem Tanzverbot.

    Es ist nicht erlaubt, diese Filme an 3-15Tagen bzw. 187 zu 37 Stunden öffentlich zu zeigen. Aber an allen anderen 8573 – 8723 Stunden im Jahr ist die öffentliche Vorführung erlaubt.

    Es muss schon ein herber Einschnitt, wenn das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeitsrechte an 187-37 Stunden im Jahr eingeschränkt ist. Umgerechnet auf % sind dieses 0,4 – 2,2% des gesamten Jahres.

    Von welcher Diskriminierung kann man hier sprechen? Werden hier die Menschen, welche nicht tanzen gehen können, diskriminiert, oder möchte man hier die Menschen diskriminieren, welche Ihren Glauben leben?

    Wie viel Toleranz ist man hier zu zeigen bereit? In wie weit kann die feiernde Masse respektieren, dass zu 0,4 – 2,2% Einschnitte in unrelevante Teile Ihrer Persönlichkeit eingeschnitten wird.
    (Kurz zur Erklärung: ich definiere die „Verbote“, welche durch die Feiertagsgesetze vorgegeben wurden, in jedem Fall als im Vergleich zu Essen, Arbeit und Freiheit als unrelevant. Auch gibt es genügend Möglichkeiten für jedes Individuum, das Verbot für sich selbst zu umgehen.)

    Die Frage ist hier, welcher Teil der Menschen kann hier der Toleranz und dem Respekt geopfert werden? Diejenigen, die die stillen Feiertage befürworten, oder die, die Sie ablehnen?

    So oder so, es gibt auf beiden Seiten Verlierer. Und ja, ich beachte Religion für diese paar Stunden (!!!!) als ein sehr viel höheres Gut als Teilhabe an Kultur, Geselligkeit und Kunst.

  3. Hallo Marcus,
    ja Piraten sind im Landtag, und ja Piraten haben dort unter anderem bereits einen Gesetzentwurf eingereicht, dieser wurde wahrscheinlich nicht angenommen und die Grünen haben ihn auch ausnahmsweise dann nicht geklaut und selber eingereicht. Google ist Dein Freund: https://www.google.de/search?q=stille+feiertage+site:www.piratenfraktion-nrw.de&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_rd=cr&ei=ki70VoSCK8ioa-nImuAI

  4. Hallo Ben,
    Ich bin immer froh, wenn mir jemand beim googeln hilft. Ich bin schließlich schon älter 🙂
    Und wenn man schon anfängt zu googeln, dann stolpert man ganz schnell über einen Teilerfolg der Piraten in Schleswig-Holstein aus dem Januar, die das Tanzverbot zumindest etwas lockern konnten. Und wie haben sie das gemacht? Vor einer Kirche tanzen? Gläubige provozieren? Nein, sie haben es politisch durchgesetzt. Und genau davon rede ich seit vorigem Jahr. Diese Veranstaltung vor dem Kölner Dom ist unangemessen und völlig fehl am Platz. Gesetze werden in politischen Diskussionen geändert.
    Vielleicht wäre es gut, wenn die Piratenpartei ihren Job machen würden oder sich Hilfe von Leuten suchen, die es besser gemacht haben, statt die Kirche und die Gläubigen anzufeinden und Touris zu belästigen.

  5. Oliver Ding

    Welche Art von Belästigung stellt ein stiller Flashmob noch mal genau dar?

  6. Ingenieur

    Zunächstmal an ‚Marcus‘ Bravo, gut gemacht.
    Dann an die Piraten. Wir Bürger sollen euch tolerieren, aber ihr toleriert mich die Christen in Ausübung ihres Glaubens? Um das mit euren Argumentationsworten zu sagen; kann man machen, muss man aber nicht.
    Und noch ein kleiner geistlicher Hinweis am Rande;
    Nach der christlichen Lehre, hat der Gott der Bibel diese Welt geschaffen. Er lässt sich weder von Menschen noch von Piraten vorschreiben , in welchen Räumen er sich bewegen darf. (Der Geist weht, wo er will). Er nimmt aber die persönlichen Wünsche individuell, aller Menschen ernst. Wenn Du, Pirat, ihm geistlich nicht begegnen willst, akzeptiert er das. Umgekehrt aber auch, immer.
    Mfg, Thomas

    • Aki Alexandra Nofftz

      Hallo „Ingenieur“!

      Wir PIRATEN sind für eine klare Trennung von Staat und Religion. Ich selbst bin überzeugte Christin und habe in Folge dessen nichts gegen den Karfreitag, um Inne zu halten, aber wieso müssen das dann alle anderen genauso sehen? Historisch gewachsen ist die Christliche Religion hierzulande einseitig bevorzugt und nur aufgrund der speziellen Historie hat das Judentum einige Ausnahmeregelungen, aber wäre es im Sinne der Integration und des friedlichen Zusammenlebens nicht besser, auch Islam, Hinduismus, Bahaitum etc. entsprechende Rechte zu gewähren? Sollen wir dann alle Festtage dieser Religionen entsprechend staatlich gestalten? Was ist etwa mit dem Ramadan? Soll es da tagsüber ein Fastengebot von staatlicher Seite geben? Letztlich ist dieser Konflikt nur durch einen Staat machbar, der echten Laizismus praktiziert, und da muss es auch möglich sein, auf ein Tanzverbot zu verzichten, ohne spirituelle Menschen in ihrer Religionsausübung zu stören. Dies ließe sich sicherlich z.B. über örtlich beschränkte Auflagen verwirklichen, ohne etwa der Disko am Stadtrand faktisch Arbeitsverbot zu geben.

      Im Übrigen war unsere Demo mit dem Domkapitel abgesprochen und wir haben bewusst eine Zeit gewählt, um die Messen und Andachten im Dom nicht zu stören.

      Piratige Grüße
      Aki Alexandra Nofftz
      2. Vorsitzende, PIRATEN Köln

  7. Ingenieur

    Ich bin auch Christ.
    Ich sehe aber, das das Christentum bereits historisch und Kulturell bedingt eher zu Deutschland passt, als der Islam oder Hinduismus. Man denke nur an Martin Luther oder das „heilige römische Reich Deutscher Nationen „( oder so ähnlich). Warum sollen wir unsere Kultur verstecken oder mit anderen Kulturen gleich schalten? Dürfen wir nicht stolz sein, auf unsere Kultur? Wir haben eine parlamentarische Demokratie, arbeiten an der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Stichwort: Gleiches Geld für gleiche Arbeit) und achten das Kulturgut fremder Völker. Aber wir dürfen auch eine eigene Kultur haben. Und zu der gehört der christl. Glaube. Das Tanzverbot akzeptiere ich als Ausdruck deutscher Kultur. Das Tanzverbot zu bestimmten Zeiten zeigt an, das es dann etwas Wichtigeres gibt, als Tanzen.
    Mfg, Thomas

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